„56 Cent zum Leben“
7. Dezember 2016Praktikanten ab Sommer 2017 gesucht !
20. Februar 2017Am Neujahrstag betrat er nach sechs Monaten Abwesenheit wieder heimischen Boden, inzwischen sind all die mannigfachen Eindrücke ein wenig mehr gesackt. Kleinere Berichte da und dort, im Familien- und im Freundeskreis, und auch zwei Vorträge auf den Mitte Januar abgehaltenen Jahresversammlungen des Vereins in der Skatstadt und in Sondershausen haben zusätzlich dafür gesorgt, dass der 18-Jährige all das, was er im Kongo, einem der ärmsten Länder der Welt, gesehen und erlebt hat, für sich einordnen und verarbeiten konnte. Mit seiner Anwesenheit, mit seiner Alltagsarbeit dort, leistete er einen Beitrag zu jenem umfassenden Engagement, das der vom Pastorenehepaar Dr. Christine und Jürgen Hauskeller ehrenamtlich geleitete Verein seit mehr als zehn Jahren aufbringt, um wirksame Hilfe vor Ort zu leisten.
Als Simon Gaebel, der im Sommer des vergangenen Jahres sein Abitur am Rudolf-Hildebrand-Gymnasium in Markkleeberg ablegte, das Ende seiner Schulzeit schon vor Augen hatte, stand für ihn fest: „Danach will ich ein Auslandsjahr machen.“ Den Zeitpunkt, vor Aufnahme eines Studiums eine Zäsur einzulegen, sah er als Chance. „Und ich hatte großes Interesse, mehr zu sehen von der Welt als die europäischen Länder.“ Am Anfang schweifte sein Blick auf mögliche Ziele wie Kanada oder Australien, dann aber wurde er hellhörig bei den Erzählungen einer Mitschülerin. Anna Kürschner hatte bereits ein Jahr zuvor ein Praktikum beim Altenburger Verein „Hilfe für Menschen im Kongo e.V.“ absolviert. In Vorträgen in der Kirchgemeinde berichtete sie davon. „Das hat mein Interesse geweckt“, blickt Simon Gaebel zurück. Der Kontakt zu Hauskellers war rasch hergestellt, die Einzelheiten wurden besprochen, die notwendigen Vorbereitungen wie Visafragen und Gesundheitsvorsorge absolviert – und am 6. Juli reiste der frisch gebackene Abiturient in den Kongo. Anfangs war das Ehepaar Hauskeller mit vor Ort, sodass sich die Eingewöhnungs- und Kennenlernphase vereinfachte, dann allerdings war Simon Gaebel zweieinhalb Monate als Praktikant allein, ehe am 1. Oktober ein Praktikantinnen-Duo als Verstärkung hinzu kam.
Der Verein betreut in der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa ein Waisenhaus für 16 Mädchen, im rund 80 Kilometer entfernten Maluku ein weiteres für 20 Mädchen und zudem, ebenfalls in Maluku, eine Schule für 290 Mädchen und Jungen. „Meine Aufgaben an diesen beiden Standorten waren ganz unterschiedliche“, erzählt unser Gesprächspartner, „wobei neben der Erledigung einer büroähnlicher Arbeiten vieles ganz in meinen Händen lag, ich konnte also selbst entscheiden.“ Im Vordergrund stand für ihn, sehr viel Zeit mit den Kindern zu verbringen. „Einfach für sie dazu sein, mit ihnen zu spielen, auch erzieherisch einzugreifen wie beispielsweise bei Streitschlichtungen, bei den Hausaufgaben zu helfen, mit ihnen zu sprechen.“ Apropos: Französisch, das im Kongo Schul- und Amtssprache ist, hatte Simon Gaebel auf dem Gymnasium ab der sechsten Klasse erlernt. Mehr oder weniger perfekt: „Es war noch ausbaufähig“, gibt er mit einem Schmunzeln zu Protokoll. Anfangs sei der Austausch etwas mühselig gewesen, aber schon nach kurzer Zeit habe er sich problemlos verständigen und sein Französisch vor Ort also deutlich perfektionieren können.“
Während er in einem Stadtteil von Kinshasa, in Lemba, wohnte, pendelte Simon Gaebel während seiner sechsmonatigen Praktikumszeit zwischen den Waisenhäusern in Kinshasa und Maluku und sammelte hier wie dort während seiner Arbeitszeiten, aber auch in den freien Stunden die unterschiedlichsten Erfahrungen, gleichermaßen auf (privaten) Erkundungstouren mit Hauskellers. Er erlebte die landschaftlichen Schönheiten und vor allem, wie sich die Menschen mit ihrem Leben arrangieren. Und auch für ihn selbst war dann und wann Improvisation gefragt, denn Wasser und Strom gab es nicht immer zuverlässig, und auch das Essen und die Selbstversorgung erforderten manchmal Disziplin und Erfindungsreichtum. „Es gibt im Kongo alles zu kaufen, was wir hier ebenso kennen, aber vieles hat seinen stolzen Preis. Da kann ein Salatkopf schon mal 20 Euro kosten. Also haben wir Sachen verwendet, die bezahlbar waren.“
Was Simon Gaebel erlebt hat, das möchte er nicht missen: „Es war eine sehr schöne Zeit dort, ich würde das alles gern noch einmal machen, immer und immer wieder. Es lohnt sich sehr, gerade der Arbeit mit den Kindern wegen, die sehr dankbar sind und die Aufmerksamkeit, die wir ihnen entgegen bringen, sehr wertschätzen. Diese Erfahrungen sind bereichernd, ich kann es nur jedem weiterempfehlen, es öffnet den Blick!“
Doch auch für Simon Gaebel muss das eigene Leben nun weitergehen. In den kommenden Monaten will er, neben einem Job zum Geldverdienen, „ein bissel Philosophie studieren“ und dann im Oktober ein Physikstudium beginnen. „Naturwissenschaften interessieren mich sehr, perspektivisch tendiere ich zu Bio- oder Quantenphysik.“ Seine Afrika-Erfahrungen aber, die wird er wohl noch lange in Erinnerung behalten – und wer weiß, vielleicht gibt es eines Tages eine zeitweilige Rückkehr?