Geschichte & Geschichten
An dieser Stelle möchten wir Ihnen Geschichten über und die fortlaufende Geschichte des Vereins präsentieren.
Warum der Kongo?
Dr. Christine und Jürgen Hauskeller sind viele Jahre im Raum Sondershausen als Pastoren tätig gewesen. Dann sind sie einem Ruf nach Afrika gefolgt und haben in den Jahren von 2002 bis 2006 im Auftrag des Missionswerkes der Ev.-Luth. Kirche in Bayern, „Mission EineWelt“ in Neuendettelsau, in der Evangelisch-Lutherischen Kirche im Kongo, Église évangélique luthérienne au Congo – EELCo, in der Demokratischen Republik Kongo, gearbeitet.
Pastorin Dr. Christine Hauskeller hatte die Funktion einer Distriktpastorin (Superintendentin) für den Distrikt Kinshasa inne. In der Hauptsache war sie in der ganzen Diözese West der EELCo für die Ausbildung von Evangelisten und Mitarbeitern in den Kirchgemeinden und für die Weiterbildung der Pastoren, vom Urwald bis an den Atlantischen Ozean in einer Breite von 1 200 km, zuständig.
In diesen vier Jahren hat sie alle 36 Kirchgemeinden der Diözese West im Urwald, in den Städten Kinshasa, Matadi, Boma, Tshela und an der Atlantikküste ein- oder mehrmals besucht.
Pfarrer i.R. Jürgen Hauskeller betreute die deutschsprachige Gemeinde in Kinshasa mit regelmäßigen Gottesdiensten in deutscher Sprache.
Für zwei Jahre, von 2003 bis 2005, war er von der Synode der Diözese West der EELCo zum Schatzmeister der Diözese gewählt worden. Er sollte die Finanzen der Diözese in Ordnung bringen. In dieser Zeit hat er versucht, ein funktionierendes Finanzwesen für die gesamte Diözese bis in die Kirchgemeinden hinein aufzubauen.
Nach Ablauf des Dienstvertrages kehrte das Ehepaar Hauskeller am 13. September 2006 als Familie mit drei Kindern, drei und vier Jahre alt, die sie in Kinshasa adoptiert hatten, nach Deutschland zurück.
Eine Reihe von ehemaligen Gemeindegliedern hat in den vier Jahren der Tätigkeit der Eheleute in der Demokratischen Republik Kongo mit finanzieller Unterstützung dazu beigetragen, dass Hauskellers in Kinshasa und im Kongo spontan und gezielt soziale Hilfe leisten konnten. Über zwanzig Kindern ist durch die Zahlung des Schulgeldes der Besuch der Schule und mehreren Studenten durch einen Zuschuss die Fortsetzung und der Abschluss ihres Studiums der Elektrotechnik ermöglicht worden. Durch sofortige finanzielle Hilfe zur Durchführung von lebensrettenden Operationen und medizinischer Versorgung, vor allem bei Frauen und Kindern, ist einer Reihe von Menschen das Leben gerettet worden.
Einige lutherische Kirchgemeinden in Kinshasa wurden in die Lage versetzt, sich ein Grundstück sowie Holz und Wellblech für den Bau ihrer Kirche kaufen zu können. In Maluku hat Jürgen Hauskeller selbst für die dortige lutherische Gemeinde eine schöne und geräumige Kirche entworfen und mit Unterstützung kongolesischer Helfer aufgebaut.
Im Juli 2006 konnte mit finanzieller Hilfe von Freunden aus Deutschland in Kisenso ein geeignetes und kostengünstiges Grundstück gekauft werden. Im August ist es dann mit finanzieller Unterstützung der deutschen Botschaft in Kinshasa gelungen, in 6 Wochen ein Waisenhaus für Straßenkindermädchen in Kinshasa zu bauen. Am 10. September 2006, drei Tage vor der Rückkehr der Familie Hauskeller aus dem Kongo, wurde es eingeweiht und in Betrieb genommen.
Mit einer Tagesstätte für Straßenkindermädchen in einem angemieteten Raum einer einfachen Hütte in der Commune de Ngiri-Ngiri in Kinshasa hat im März 2005 alles angefangen. Mit einem Gottesdienst am 20.März 2005 im Hof vor der Hütte wurde das Projekt gestartet. Eine Hausmutter, die für das Essen sorgte, und ein Lehrer, der neben seinem Schulunterricht an einer Grundschule den Mädchen Lesen und Schreiben beibrachte, waren das Personal. Jener Lehrer ist noch heute – nach 15 Jahren – in unseren Projekten tätig. Es ist Sita Mvambanu Jean-Claude und er ist der Schuldirektor unseres Schulzentrums „Elikya na biso“ in Maluku.
Ein Tisch mit Bänken und Stühlen und eine Schultafel aus Deutschland waren das Inventar. 15 Mädchen im Alter von 8 -12 Jahren, die auf der Straße lebten, kamen frühmorgens zur Hütte und bekamen ein Frühstück. Vormittags oder nachmittags, je nachdem wie der Lehrer Zeit hatte, fand im einzigen Raum (3 x 4 m) der Schulunterricht statt.
Mit der Hausmutter zusammen gingen die Mädchen auf dem Markt einkaufen und bereiteten das Essen zu. Nach der Mahlzeit, kurz vor dem Dunkelwerden gegen 18 Uhr, verschwanden die Mädchen zum Schlafen irgendwo im dichten Gewühl der Hütten des angrenzenden Wohnviertels.
Anderthalb Jahre lang, bis September 2006, ist die Betreuung von Straßenkindermädchen in der kleinen Hütte als Tagesstätte und als privates Projekt von Dr. Christine und Jürgen Hauskeller erfolgreich gelaufen. Die Kosten, bestehend aus 30 USD Miete für die halbe Hütte und den Hof davor, den Ausgaben für die Verpflegung der Mädchen und einigen Dollars für die Hausmutter und den Lehrer, wurden allein mit privaten Einzelspenden aus Deutschland finanziert.
Im Juni 2006 zeichnete sich plötzlich die Möglichkeit des Baues eines eigenen Waisenhauses mit der finanziellen Unterstützung der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Kinshasa ab.
(Siehe Fortsetzung unter „In Rekordzeit zum ersten Projekt“)
Ein Sommermärchen in vier Akten
1. Wie Fußball dazu beigetragen hat, dass ein Waisenhaus gebaut werden konnte
Das berühmte Sommermärchen, die Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland, warf auch in der fußballbegeisterten Demokratischen Republik Kongo ihren Schatten voraus. Die deutsche Botschaft in Kinshasa hatte eine tolle Idee.
Bei der Fußballweltmeisterschaft 1974 in Deutschland hat zum ersten Mal in der Geschichte der Fußballweltmeisterschaften ein Land als Vertreter des afrikanischen Kontinents teilgenommen. Es war der Afrika-Fußballmeister Kongo, damals noch unter dem Namen „Zaïre“. Die Mannschaft wurde die „Leoparden“ genannt, wohl auch in Anlehnung an die Vorliebe von Diktator Mobutu für Leoparden, weswegen er bei offiziellen Anlässen eine Leopardenfellmütze trug, und für „seine“ Fußballmannschaft, die er als Aushängeschild einer erfolgreichen Diktatur nutzte. Die Idee der deutschen Botschaft war, jetzt im Frühjahr des Jahres 2006, die ehemaligen Fußballspieler der kongolesischen Nationalmannschaft von 1974 zusammenzusuchen und, zur Einstimmung auf das Fußballfest in Deutschland, ein Fußballspiel gegen eine Mannschaft, bestehend aus Diplomaten der verschiedenen Botschaften aus der Europäischen Union, zu organisieren.
Die Idee wurde Ende Mai 2006 Wirklichkeit.
Die deutsche Botschaft lud auch uns zu diesem denkwürdigen Fußballspiel ein und als leidenschaftlicher Fußballfan freute ich mich auf diese Abwechslung.
Ich erlebte ein Match, das ich aus zweierlei Gründen nicht vergessen werde.
Den alten Herren der 1974er „Leoparden“, die inzwischen über 50, 60 Jahre alt geworden waren, war vom einstigen Ruhm und einigen Jahren der Verehrung durch die Fußballfans und als Lieblinge des Diktators Mobutu, nichts geblieben. Sie kämpften den täglichen Kampf ums Überleben, wie die große Mehrheit der Kongolesen. Aber Fußballspielen konnten sie noch immer. Ihnen stand eine Mannschaft gegenüber, in der die Botschafter aus Belgien und Frankreich, die 1. Sekretäre der Botschaften von Deutschland und Großbritannien und weitere hochrangige Diplomaten anderer europäischer Botschaften mitspielten.
Augenzeugen des Spektakels waren aus Sicherheitsgründen leider nur einige hundert von den verschiedenen Botschaften geladene Gäste.
Das Spiel fand an einem Freitag, dem 26. Mai, nachmittags um 14 Uhr im Stade Vélodrome in Kintambo in der prallen Sonne statt, wo in der Mittagshitze bis zu 40° C gemessen werden. Für die Diplomaten, die tagsüber in feinem Anzug, mit Schlips und Kragen, in vollklimatisierten Büros arbeiten, war das eine physische Herausforderung. Das Spiel war ein Riesenspaß. Unterschiedlicher konnten die Mannschaften nicht sein. Es spielte nicht nur schwarz gegen weiß oder arm gegen reich. Die Lebenswelten der afrikanischen und europäischen Spieler lagen unglaublich weit auseinander. Es spielten ja keine afrikanischen und europäischen Fußballprofis gegeneinander, sondern verarmte kongolesische Seniorenfußballer gegen hochkarätige europäische Diplomaten, die alles andere, nur keine Fußballer waren.
Das Spiel endete 5:2 für die „Leoparden“, aber das war Nebensache.
Es war die menschenverbindende Kraft des Fußballspiels, die an diesem Nachmittag erlebbar wurde und die für mich ein unvergessliches Erlebnis bleibt. Die Fußballweltmeisterschaft in Deutschland konnte beginnen.
Unvergesslich ist mir dieser Nachmittag aber noch aus einem anderen Grund.
Auf der Tribüne hatte ich einen Platz neben einer Dame gefunden, die, wie sich im Gespräch herausstellte, in der deutschen Botschaft arbeitete. Auf meine Frage, wo sie denn dort arbeite, erfuhr ich, dass sie ein Ressort verwaltet, in dem finanzielle Zuschüsse der Botschaft für kongolesische Kleinprojekte geprüft und bewilligt werden. Wir hatten über die Jahre einen guten Kontakt zur Botschaft, aber davon hatte ich noch nie etwas gehört. Ich wurde neugierig.
Das Fußballspiel hatte zum Glück noch nicht begonnen und ich nutzte die Gelegenheit, Frau Melanie Lichter, wir hatten uns inzwischen bekannt gemacht, zu befragen. Ich ließ mir erklären, was es mit den Zuschüssen und den Kleinprojekten auf sich hat.
Daraufhin erzählte ich ihr von unserem Tagesstätten-Projekt für Straßenkindermädchen in Ngiri-Ngiri. Auf meine Frage, ob ich denn auch einen Antrag für einen Zuschuss stellen könnte, um ein Waisenhaus zu bauen und aus der Tagesstätte ein Projekt mit einer festen Unterkunft zu machen, antwortete sie, ich solle es versuchen, nur schnell müsse es gehen. Mit dem Hinweis auf die vielfältigen Unterlagen, die ich dem Antrag beifügen müsste, beendeten wir dieses Thema und wandten uns dem Fußballspiel zu, das soeben begonnen hatte.
Bot sich hier eine echte Chance, um unser Straßenkindermädchenprojekt auf feste Füße zu stellen? Meine Gedanken wanderten während des Spiels immer wieder dahin zurück. Ich konnte das Ende des Spiels gar nicht erwarten, um endlich nach Hause zu fahren und meiner Frau alles zu erzählen.
Was danach folgte, ist wunderbar und nicht zu fassen.
Alles hatte aber seinen Anfang bei jenem Fußballspiel in Kinshasa anlässlich des Sommermärchens, der Fußballweltmeisterschaft in Deutschland, genommen. Es wurde unser Sommermärchen.
2. Drei Monate Zeit für den Plan, den Antrag, das Geld, das Grundstück, den Bau und den Verein
Das ist eigentlich nicht zu schaffen … und im Kongo gleich gar nicht.
Sofort am nächsten Tag machte ich mich an die Arbeit, um die erforderlichen Unterlagen zu erstellen: Projektbeschreibung, Finanzierungsplan und Kostenvoranschlag. Ein kongolesischer Projektträgerverein musste gegründet werden. Es muss ja hinterher auch ein Verwendungsnachweis geliefert werden. Uns standen noch drei Monate Zeit zur Verfügung, um dieses Projekt zu verwirklichen. Am 13. September 2006 ging unser vierjähriger Dienstvertrag zu Ende. Der Flug war schon gebucht.
Jetzt war es Anfang Juni.
Der Antrag auf Förderung unseres Kleinprojektes musste auf jeden Fall vor dem 15. Juni bei der Botschaft eingereicht werden. Wir haben den Termin eingehalten.
Die größte Hilfe kam von Herrn Dieter Haag, Generaldirektor von SIFORCO in Maluku, dem damals größten Sägewerk Zentralafrikas, das zur deutschen Danzer Group gehörte. Mir war klar, dass die Zeit nicht ausreichen würde, um das Waisenhaus mit Betonsteinen zu bauen. Meine Idee war, das Haus von SIFORCO aus Holz bauen zu lassen, wo die meisten Teile des Hauses im Werk vorgefertigt und dann nur noch auf einer vorgemauerten Fundament-Bodenplatte aufgestellt und zusammengebaut werden.
Herr Haag sagte mir den Bau im vorgegebenen engen Zeitplan bis Anfang September zu und forderte mich mit den Worten: „Mach eine Zeichnung!“ auf, das Waisenhausgebäude zu entwerfen. Danach werde er den Kostenvoranschlag erstellen.
Ich habe den Grundriss und den Bauplan des künftigen Waisenhauses entworfen und Herrn Haag gebeten, den Kostenvoranschlag zu machen. Da die Botschaft signalisiert hatte, dass es nur, wenn überhaupt, um einen Zuschuss von 10 000 USD geht, belief sich der Kostenvoranschlag für das Waisenhaus dann auch genau auf 10 000 USD. Dieser Betrag entsprach vielleicht gerade dem Wert des gesamten Holzes, das für das Bauwerk benötigt wurde, und den Kosten des Transportes von Maluku nach Kinshasa. Der Rest war geschenkt, damit der Bau nicht am fehlenden Geld scheiterte. So konnten wir den Antrag bei der Botschaft einreichen. Am 13. Juli wurde der Antrag genehmigt.
Jetzt hatten wir nur noch 8 Wochen Zeit bis zu unserem Abflug nach Deutschland. Ein Grundstück musste gesucht und ein Verein gegründet werden.
Ende Juli hatten wir ein Grundstück für 2 000 USD gefunden, das wir mit Spenden unserer Freunde in Sondershausen bezahlten. Die Gründung eines kongolesischen Vereins wurde ebenfalls vollzogen. Der Bau konnte beginnen.
Am 5. August wurde das Grundstück geräumt, die angepflanzten Maniok-Pflanzen abgeerntet und die Gräben für die Fundamente ausgeschachtet. Eine Woche lang haben wir mit unseren eigenen Händen und mit der Hilfe von 18 Evangelisten, die gerade zur Ausbildung bei Christine in Kinshasa waren, das Fundament aus Betonsteinen gemauert und eine Betonplatte über die gesamte Bodenfläche des künftigen Waisenhauses gegossen. Dann ruhte die Arbeit auf der Baustelle 7 Tage, damit der Zement abbinden und der Beton fest werden konnte. Mitte August lieferte SIFORCO das Baumaterial für das Haus und begann mit einer Mannschaft von Tischlern und Zimmerleuten mit dem Bau des Waisenhauses nach meinen Bauplänen.
3. Präsidentschaftswahlen im Kongo und wie die große Politik das Waisenhaus-Projekt fast noch zum Scheitern bringt
Vom 20. – 27. August mussten die Bauarbeiten plötzlich unterbrochen werden, weil es im Zentrum von Kinshasa, genau dort, wo wir wohnten, direkt vor unserer Haustür, zu schweren bewaffneten Kämpfen zwischen der Garde des amtierenden Präsidenten, Joseph Kabila, und den Milizen seines Gegenkandidaten, Vizepräsident Jean-Pierre Bemba, gekommen war.
Da wir in der gleichen Straße wohnten, in der Bemba seine Residenz hatte, konnten wir drei Tage lang unsere Wohnung nicht verlassen. Raketen- und Granatenbeschuss, der über unser Haus hinwegging, Maschinengewehrsalven, die an unseren Fenstern vorbeizwitscherten und die hämmernden Schüsse aus Kalaschnikows in unmittelbarer Nähe.
UN-Panzerfahrzeuge rasten auf der Avenue de la Justice, die wir vom Fenster aus beobachten konnten, rauf und runter und brachten Botschafter der EU und UN-Diplomaten in Sicherheit.
In der Nachbarschaft evakuierte ein UN-Panzer eine Diplomatenfamilie.
Vom 21. – 24. August war die Stadt im Ausnahmezustand. Alle Geschäfte waren geschlossen. In dieser Zeit erhielten wir einen Telefonanruf von zwei Bundeswehroffizieren, die zum Kontingent deutscher Soldaten gehörten, die im Auftrag der EU den friedlichen Ablauf der Wahlen im Kongo überwachen sollten und auf dem Flughafen Ndolo mitten in Kinshasa stationiert waren. Wir hatten die deutschen Soldaten dort besucht und wenige Tage zuvor die beiden Offiziere als Gäste in unserer Wohnung begrüßen können. Jetzt wollten sie wissen, wie es uns in unserer Wohnung ging, ob sie uns herausholen und in Sicherheit bringen oder etwas zu essen vorbeibringen sollten. Beides war nicht nötig, aber es war eine Aufmerksamkeit unserer Soldaten, die uns in dieser angespannten Lage sehr gut getan und beruhigt hat.
Kein Taxibus war in der Stadt unterwegs, die Straßen menschenleer. Die atemlose Stille wurde hin und wieder nur durch Schüsse und Explosionen durchbrochen. Eine unheimliche Spannung lag in der Luft. Würden die Gefechte zu einem Bürgerkrieg eskalieren?
Was war vorausgegangen?
Am 30. Juli 2006 haben in der Demokratischen Republik Kongo die ersten freien und demokratischen Wahlen seit der Unabhängigkeit im Jahre 1960 stattgefunden. Der Staatspräsident und die Nationalversammlung wurden gewählt. Der Wahlkampf der über 30 Präsidentschaftskandidaten war heftig. Die Erwartung des Wahlvolks war riesengroß. Alles sollte anders werden. Die Wahlbeteiligung lag zwischen 60 und 80%.
Am Abend des 20. August sollte das Wahlergebnis bekanntgegeben werden. Als es bekanntgegeben wurde, gingen die Schießereien vor der Parteizentrale der MLC, Bembas kongolesischer Befreiungsbewegung, los. Bemba hatte gegen Kabila im ersten Wahlgang verloren. Eine Stichwahl zwischen Kabila und Bemba in absehbarer Zeit wurde nötig, um eine Entscheidung herbeizuführen. Bemba wollte das Wahlergebnis nicht akzeptieren, sprach von Wahlbetrug, und Kabila ließ die Waffen der Präsidialgarde sprechen.
Nach vier Tagen hatten über 40 Milizionäre, Gardisten, Polizisten und Zivilisten ihr Leben verloren. Dann war der Spuk vorbei und in der Stadt pulsierte das Leben wieder, als wäre nichts gewesen. Am 28. August konnten die Bauarbeiten am Waisenhaus endlich fortgesetzt werden.
4. Ende gut, alles gut
In Rekordzeit wurde das Waisenhaus erbaut und eingerichtet.
Am 10. September 2006, drei Tage vor unserer endgültigen Rückkehr nach Deutschland, konnten wir mit einem Festgottesdienst das neue Waisenhaus einweihen. Die ersten 15 Mädchen zogen noch am gleichen Tag in das neue Haus ein. Es erhielt den Namen: „Hospice des enfants abandonnés – Heim für verlassene Kinder“. Ein Traum war Wirklichkeit geworden. Das Sommermärchen war zu Ende. Es war, wie in den Märchen üblich, alles gut gegangen.
Seit 2006 haben in diesem Waisenhaus in Kinshasa viele Mädchen im Alter zwischen 3 und 18 Jahren Schutz, Liebe und Geborgenheit gefunden. Es war und ist mit 20 Mädchen immer voll belegt. Die Mitarbeiter sind rund um die Uhr für sie da und sorgen mit Liebe wie Eltern für sie. So ist eine große Waisenhausfamilie entstanden, zu der auch die Mädchen noch immer Kontakt halten, die das Waisenhaus inzwischen verlassen haben, um einen Beruf zu erlernen, und die z.T. schon selbst Mütter geworden sind.
Im Jahre 2015, als in Maluku ein zweites Waisenhaus, das Kinderhaus Kiki Bolingo, gebaut und eingeweiht wurde, ist eine Zuordnung der beiden Häuser geregelt worden. Im Kinderhaus „Maison des enfants Kiki Bolingo“ in Maluku werden alle Mädchen, die jünger als 14 Jahre sind, untergebracht.
Im Waisenhaus in Kinshasa-Kisenso sollen die Mädchen, die älter als 14 Jahre sind, wohnen, die Schule besuchen oder einen Beruf erlernen.
Das Waisenhaus „Hospice des enfants abandonnés“ wurde in diesem Zusammenhang in Kinderhaus Bomoyi, „Maison des enfants Bomoyi“, umbenannt.